Maßband statt Waage – Gewichtsermittlung beim Pferden anhand der Körpermaße
Röntgenuntersuchungen sind ein wichtiger Bestandteil der Pferdemedizin und dienen nicht nur zur Untersuchung orthopädischer Auffälligkeiten der Gliedmaßen, sondern auch zur Beurteilung gesundheitlich unauffälliger Pferde im Rahmen einer tierärztlichen Kaufuntersuchung.1
Um beim Röntgen eine gute Bildqualität zu erhalten und Bewegungsartefakte zu vermeiden, ist es empfehlenswert, die Pferde vor der Untersuchung zu sedieren. Dadurch kann zusätzlich eine Beschädigung des empfindlichen und hochwertigen Röntgenequipments vermieden werden. Für die richtige Dosierung der Arzneimittel sowie zur korrekten Anpassung der später verwendeten Strahlendosis ist es erforderlich, vorher das Gewicht der Tiere zu bestimmen.
Da in der Praxis jedoch nicht immer eine Tierwaage zur Verfügung steht, setzen sich Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten mit Methoden auseinander, das Gewicht von Pferden anhand ihrer körperlichen Merkmale möglichst genau zu bestimmen.
Die Grundlagen der Gewichtsberechnung
Die Grundlage in diesem Bereich schafften Millner & Hewitt (1969). Sie bestimmten die Körperlänge und den Brustumfang von über 100 Pferden unterschiedlichen Alters und Rassen. Aus diesen Untersuchungen konnten sie eine allgemeine Gleichung für die Gewichtsschätzung ableiten:

| KG = Körpergewicht | BU = Brustumfang | KL = Körperlänge |
Als Y bestimmten sie den Wert 6113. Über die Jahre haben verschiedene Wissenschaftler auf Grundlage dieser Formel versucht, die Gewichtsschätzung der Pferde weiter zu präzisieren. Die Berechnungsmethode, die wohl am geläufigsten ist, stammt von Carrol & Huntington (1988). Sie untersuchten etwa 300 verschiedene Tiere zwischen 160kg und 680kg. Anhand ihrer Untersuchungen kamen sie auf einen Y-Wert von 11877,4. Hierbei konnte eine starke Korrelation zwischen dem errechneten und dem tatsächlichen Gewicht erzielt werden.2
Die Berechnungsformel in der Praxis
Um die Werte für die Formel zu bestimmen, müssen Sie mit einem Maßband den Brustumfang und die Körperlänge des Tieres, vom Humeruskopf bis zum Tuber ischiadicum, bestimmen (Abb. 2). Diese Maße sind in die Formel einzusetzen. Bei einem Brustumfang von 170cm und einer Körperlänge von 180cm ergibt sich die folgende Gleichung:
KG = (170cm x 170cm x 180cm) / 11.877,4
Dadurch ergibt sich ein Körpergewicht von 437 kg.

Fazit
Die Berechnungsformel bildet eine solide Grundlage, um eine Einschätzung über das Gewicht seines Pferdes zu erhalten, wenn eine Gewichtsbestimmung per Waage nicht möglich ist. Dennoch dienen diese Ergebnisse lediglich als Richtwerte und sollten nicht als endgültige Angabe betrachtet werden. Zudem ist anzumerken, dass sich die Formel von Carrol & Huntington nicht für jede Pferdeart optimal eignet. Während bei dieser Methode für (erwachsene) Vollblüter die besten Korrelationswerte bestimmt werden konnten, sollte bspw. bei Ponys oder Arabern eine andere Formel angewendet werden. Hier konnte Martinson et al. die besten Ergebnisse erzielen.3
Quellen
1Hellige M, et al. Interuntersucher-Varianz bei der Beurteilung von Röntgenaufnahmen von Pferden nach dem Röntgenleitfaden 2007. Pferdeheilkunde – Equine Medicine, 34 (2018) 3 (Mai/Juni), 212-222.
2Hois, C. Feldstudie zur Gewichtsentwicklung und Gewichtsschätzung beim wachsenden Pferd. Inaugurale-Disseration, München 2004.
3Górniak, W, et al. Evaluation of the Accuracy of Horse Body Weight Estimation Methods. Animals 2020, 10, 1750.
